25. Mai 2011:
Das Ende von Rover Spirit – Ein Nachruf

NASAs „Mars Exploration Rover“ (MER) Spirit hat seine Arbeit auf dem Roten Planeten beendet. Im Jahre 2004 landete er auf dem Mars für eine dreimonatige Mission. Mehr als sechs Jahre lang hat er alle Hindernisse überwunden, um wissenschaftliche Entdeckungen auf dem Mars zu machen: von neuen Gesteinstypen, zu Spuren von altem Wasser, bis zu Hinweisen auf das Klima des frühen Mars. Seinen letzten Funkspruch sendete Spirit am 22. März 2010. Seitdem wurde immer wieder versucht, Kontakt herzustellen, doch vergeblich. Jetzt hat die NASA diese Versuche eingestellt. So sagen wir ein letztes „Good Bye“ zu einem unermüdlichen Roboter.



© NASA/JPL-Caltech/Cornell

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Abbildung 1: Das „Husband Hill“ Gipfel-Panorama, aufgenommen mit der Panorama-Kamera von Rover Spirit an den Marstagen Sol 583 bis 586 (24. bis 27. August 2005). 653 einzelne Bilder wurden nahtlos zusammengesetzt, hier in einer polaren Projektion.  Der Kamera-Mast ist auf dem Deck des Rover nicht zu sehen (dunkle Fläche vorne rechts), da die Kamera ihren eigenen Mast nicht fotografieren kann. Die Landschaft rundherum ist der Gipfel des „Husband Hill“, ein Hügel, der zu den „Columbia Hills“ Hügeln gehört.

 
Am 25. Mai 2011 wurde der letzte Funkspruch zu Rover Spirit auf die Mars-Oberfläche gesendet, der letzte in einer Reihe von Versuchen, Kontakt mit Spirit wieder herzustellen. Die NASA wollte herausfinden, in welchem Zustand sich Rover Spirit befindet. Würde Spirit nach einem langen, kalten Winter, in dem nicht genügend Sonnenenergie zur Verfügung stand, wieder aus seinem „Winterschlaf“ aufwachen? Es gab eine geringe Hoffnung, dass sein Computersystem wieder reaktiviert werden könnte, wenn wieder genügend Sonnenlicht von seinen Solarzellen eingefangen würde.

Während des letzten Mars-Winters hatte Spirit nicht genügend Energie, um seine internen Heizelemente zu betreiben. Dies wäre notwendig gewesen, um seine elektronischen Komponenten und Batterien vor der klirrenden Kälte zu schützen (Temperaturen von bis zu minus 120 Grad in jeder Nacht). Deshalb bestand eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass eine oder mehrere kritische Komponenten ausfallen würden. Dadurch wäre keine Kommunikation mit dem Rover mehr möglich.

Große Parabolantennen des interplanetaren Netzwerks der NASA wurden für Funkkontakte mit Spirit eingesetzt, so wie die Antennen der beiden Raumsonden, die momentan um den Mars kreisen. Alle Kommunikationsversuche blieben erfolglos. Nun werden diese Antennen für die Vorbereitung der nächsten Mars-Mission, der Mars Science Laboratory (Wissenschaftslabor) Rover Mission, benötigt. Die MSL Mission soll im Herbst 2011 gestartet werden.

Spirit fuhr insgesamt 7,73 Kilometer, mehr als zwölfmal so viel, wie ursprünglich geplant. Nach seiner Landung in der Ebene des Gusev-Kraters führte Spirits Route zu weit entfernten Hügeln. Es war vermutet worden, dass diese Hügel geologisch interessanter seien als die Ebene, was sich später sehr bewahrheitete. Spirit kletterte Abhänge hinauf, die bis zu 30 Grad Steigung hatten (dafür war er auch nicht ausgelegt). So wurde er der erste Gipfelstürmer auf einem anderen Planeten. Sogar als sein rechtes Vorderrad 2006 blockierte, legte er noch im Rückwärtsgang einen Kilometer zurück.

Der Rover machte auf seiner sechsjährigen Reise mehr als 100000 Bilder, und mehr als 200 Messungen mit dem Alpha-Röntgen-Spektrometer und mehr als 150 Messungen mit dem Mössbauer-Spektrometer. Mit seinem Schleifwerkzeug hat er 15 Steine für detaillierte Messungen angeschliffen und über 90 Oberflächen für weitere spektroskopische Untersuchungen mit seiner Drahtbürste gereinigt.

„Was wirklich wichtig ist, ist nicht wie lange Spirit arbeitete oder welche Entfernungen er zurücklegte, sondern welche Untersuchungen und wissenschaftlichen Entdeckungen er machte“, sagte John Callas, MER Projekt-Manager am NASA Jet Propulsion Laboratory, Pasadena, Kalifornien.

Eine wichtige Entdeckung kam 2007 ironischerweise gerade dadurch zustande, dass er beim Rückwärtsfahren sein blockierendes Vorderad mitziehen musste, das nun wie ein Pflug den Boden aufwühlte. So legte er unerwartet hellen Staub frei. Spirits Alpha-Röntgen-Spektrometer und das Thermische Emissions-Spektrometer zeigten, dass das helle Material fast reines Siliziumdioxid (Silicastaub) war.

„Spirits unerwartete Entdeckung von konzentriertem Silicastaub war eine der wichtigsten Funde der beiden Rover“, sagte Steve Squyres von der Cornell Universität in Ithaca, New York State, wissenschaftlicher Leiter von Spirit und Opportunity. „Dies zeigte, dass dort einst heiße Quellen oder Dampfschlote vorhanden waren, welche damals günstige Bedingungen für das Überleben von Mikroben geschaffen hätten“.

Der silizium-reiche Staub liegt ganz in der Nähe eines niedrigen Plateaus, „Home Plate“ genannt, welches Spirits Hauptziel nach der historischen Besteigung des Hügels „Husband Hill“ war. „Spirit hat uns an „Home Plate“ gezeigt, dass der frühe Mars ein unruhiger Platz war: Wasser traf auf heißes Gestein und muss spektakuläre vulkanische Explosionen erzeugt haben. Es war eine dramatisch andere Welt als der heute kalte und trockene Mars“, sagte Squyres.

Die Daten, gesammelt von Spirit, könnten noch weitere Schätze enthalten. So haben Jahre von Arbeit mit Messdaten, die 2005 vom Alpha-Röntgen-Spektrometer, Mössbauer-Spektrometer, und Thermischen Emissions-Spektrometer gemessen wurden, ergeben, dass Spirit einen ganz besonderen Stein untersucht hatte. Der Stein „Comanche“, ein Aufschluss, liegt in dem „Husband Hill“ und enthält eine hohe Konzentration an Carbonat. Dieses Ergebnis ist klare Evidenz für ein feuchtes, nicht-saures, frühes Milieu, das für das Leben von eventuell vorhandenen Mikroben günstig war.

„Bemerkenswert an Spirit waren seine umfassenden Leistungen“, sagte Squyres. „Was wir ursprünglich als ein ziemlich einfaches, geologisches Experiment auf dem Mars geplant hatten, verwandelte sich letztendlich in eine erste wirkliche Überlandexpedition der Menschheit auf einem anderen Planeten. Spirit erforschte das Gelände, wie wir es getan hätten: erspähen eines entfernten Hügels, hochklettern, und uns den Ausblick vom Gipfel zeigen lassen. Und er tat es auf eine Weise, die es erlaubte, dass jeder auf der Erde an seinen Abenteuern teilnehmen konnte“.



© NASA/JPL-Caltech/Cornell

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Abbildung 2: Blick auf die Sandfalle (rechts von „Rock Garden“). Eine leichte rundliche Vertiefung (ein alter Krater) ist verfüllt mit sehr feinem, hellem Material. Darüber ist eine härtere, dunkle Kruste, so dass man das helle Material nicht erkennen kann.

 
So bleibt der Rover Spirit seit seiner letzten Meldung am 22. März 2010 (Marstag Sol 2210) stumm. Spirit hatte den Beginn seines vierten Winters erlebt. Doch erinnern wir uns: Spirit war für eine dreimonatige Mission mit einer Fahrstrecke von weniger als einem Kilometer geplant und gebaut worden. Doch er funktionierte mehr als sechs Jahre, fuhr 7,7 Kilometer durch teils sehr hügeliges Gelände, und machte viele Messungen und Tausende von Bildern.

Rover Spirit musste sich vielen Herausforderungen stellen und hatte um jede Entdeckung zu kämpfen. Nichts war einfach für Spirit. Nach der erfolgreichen Landung (Sol 1) hatte er am Marstag Sol 18 eine Anomalie seines Flash-Speichers, welches sogar sein Überleben gefährdete. Doch nach einem Computer-Reset „erholte“ er sich wieder.

Wissenschaftlich gesehen war der Mars zuerst recht garstig zu Spirit. Was ursprünglich als eine Landestelle auf Ablagerungen eines alten Sees vermutet wurde, entpuppte sich als eine Ebene gefüllt mit vulkanischem Material soweit das Auge (die Kamera) reichte. So eilte Spirit über die Ebene, um die entfernten Hügel „Columbia Hills“ zu erreichen, von denen man vermutete, dass sie älter als die heutige Ebene seien.

Doch um die mehrere Kilometer entfernten Hügel zu erreichen, musste Spirit seine primäre Mission von drei Monaten überleben und eine Strecke zurücklegen, für die er nicht gebaut war. Schließlich erreichte er die Hügel und die nächste Herausforderung kam: Bergsteigen! Auch dafür war er nicht gebaut. Tests mit einem Duplikat-Rover auf der Erde zeigten, dass je nach Bodenbeschaffenheit Steigungen bis zu 30 Grad möglich sein würden. So hat sich Spirit die Abhänge hochgeschafft. Dabei hat er neue Gesteinstypen gefunden und erste Hinweise entdeckt, dass Gesteine durch die Einwirkung von Wasser verändert worden waren. Viel später wurde klar, dass ein Stein hohe Mengen an Carbonat enthält.

Das Klima war für Spirit viel härter als für Rover Opportunity, der in Meridiani immer noch seine Erkundungen erfolgreich durchführt. Meridiani Planum liegt näher am Äquator als Gusev-Krater. So waren die Winter strenger in Gusev und die Sonne stand tiefer bei Spirit als bei seinem Zwillingsrover. Die Atmosphäre bei Gusev-Krater ist viel staubhaltiger als die von Meridiani. So hatte Spirit eine ständig ansteigende Menge an Staub auf seinen Solarpanelen, obwohl auch er hin und wieder von kleinen Staubteufeln (Windhosen) besucht wurde, die einen Teil des Staubes wieder wegbliesen. Und jeder Winter wurde härter als der vorhergehende.

Als Spirit auf der anderen Seite der „Columbia Hills“ beim langen Abstieg war, erlebte er seinen ersten, großen Defekt: das rechte Vorderrad fiel aus. Von da an musste er rückwärtsfahren und das defekte, unbewegliche Rad nachziehen. Doch gerade dieses Missgeschick führte zu vielen Entdeckungen. Was verborgen im Boden war, wurde aufgewühlt. So entdeckte Spirit schwefelhaltigen und an anderer Stelle siliziumhaltigen Staub, einer seiner größten Entdeckungen.

 

© NASA/JPL-Caltech/Cornell

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Abbildung 3: Mosaik von Bildern, die den Staub vor dem Mars Exploration Rover Spirit nach einer Reihe von kurzen Rückwärtsbewegungen zeigen. Dies war Teil des Versuchs, den eingesunkenen Rover aus der Sandfalle wieder frei zu bekommen. Das Bild ist in Falschfarben dargestellt, um den Unterschied zwischen den Materialien besser sehen zu können. Heller Sand ist durch das linke Vorderrad des Rovers freigelegt worden. Das rote Material ist die ursprüngliche Oberfläche. Spirits Panorama-Kamera nahm die Bilder an Sol 2163 bis 2177 (2. bis 16. Februar 2010) auf. Das Ende des Rover-Arms erscheint an zwei Stellen, weil er sich in dem Zeitraum bewegt hatte. Der rechte weiße Rahmen ist eine Vergrößerung des linken Rechtecks.
Die Messungen der verschiedenen Materialien haben ergeben, dass die oberste Schicht aus verwehtem Sand und typischem Mars-Staub besteht. Relativ unlösliche Mineralien befinden sich nahe der Oberfläche, während besser lösliche eisenhaltige Sulfate (weißes Material) tiefer liegen. Diese Anordnung lässt vermuten, dass Wasser von oben nach unten gesickert ist und dabei die Sulfate mit sich genommen hat.

 
Mit ständig sich ansammelndem Staub und einem defekten Rad, das steilere Steigungen unmöglich machte, hatte Spirit wenig Chancen, den heraufziehenden vierten Winter zu überleben. So bemühte sich die Projektleitung, südlich von „Home Plate“ noch wichtige Erkundungen zu machen. Aber der erste gewählte Weg über das Plateau von „Home Plate“ war nicht passierbar. So wurde Plan B gewählt: Strecke nordöstlich von Home Plate. Doch die war auch nicht befahrbar und die Uhr tickte weiter. Daher blieb nur die letzte Möglichkeit: die längste und risikoreichste Strecke entlang der Westseite von Home Plate.

Entlang dieser Strecke passierte dann die Katastrophe. Rover Spirit geriet in eine Sandfalle, die auf den Bildern der Gegend nicht erkennbar war. Spirit brach in loses, sehr feines Material ein. Mit jeder weiteren Drehung der Räder versank der Rover tiefer. Spirit war gefangen. Doch auch dieses Malheur wurde noch ein wissenschaftlicher Triumph: das feine, helle Material erwies sich als mineralische Ablagerung, angereichert mit Schwefel. Wieder ein Beweis für hydrothermale Aktivitäten in der Urzeit des Mars. Doch der Winter rückte unerbittlich heran, und zu allem Überfluss versagte ein zweites Rad. Alle Bemühungen einer Befreiung des Rovers misslangen.

Mit einer für den niedrigen Sonnenstand ungünstigen Schräglage und viel Staub auf den Solarpanelen verringerte sich seine Energieproduktion zusehends. Die Temperaturen sanken weiter und die Heizelemente konnten den Rover nachts nicht mehr warm halten. So wurde er in eine Art Winterschlaf versetzt. Es gab noch ein kleines Fünkchen Hoffnung, dass Spirit im Mars-Frühling wieder erwachen würde. Jedoch mehr als 1200 verschiedene Kontaktversuche wurden ohne Erfolg unternommen. Es wurde ganz klar: Spirit wird für immer schlafen.

Sein Erbe ist reich an wissenschaftlichen Erkenntnissen: Mars war in seiner Frühzeit erdähnlicher als bisher vermutet. Es gab Wasser und eine dickere Atmosphäre. Vulkanismus prägte die Landschaft und heiße Quellen erzeugten ein besonderes Milieu, in dem vielleicht Leben entstehen konnte oder Mikroben gut überleben konnten. Damit ist der Weg für weitere Erkundungen des Mars vorgezeichnet.

 

Johannes Brückner

Text basiert auf NASA Pressemitteilungen vom 24. und 25. Mai 2011 und einem Blog von John Callas, dem Mars Exploration Rover Projekt-Manager.