29. Juni 2007:
Rover Opportunity bereit für den Kraterabstieg

Nasa-Mars-Exploration-Rover Opportunity hat den Auftrag erhalten, in den großen Krater Victoria hineinzufahren. Die Einfahrtsstelle besteht aus felsigem Grund, so dass die Räder auf dem abfallenden Gelände ausreichend Traktion haben. Dieser Ausflug birgt ein gewisses Risiko für den langlebigen, robotischen ‚Forscher’, aber Nasa und das Mars-Rover-Wissenschaftsteam erwarten neue, wertvolle Erkenntnisse über den Mars.

 

© NASA/JPL/Cornell

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Abbildung 1: Blick auf ‚Cape St. Vincent’, eine der vielen Klippen, die am Rand von Krater Victoria steil abfallen. Die Aufnahme wurde mit der Panorama-Kamera von Rover Opportunity am 1167ten Marstag (nach der Landung) gemacht. Das Material oben auf dem Vorsprung besteht aus losen Gesteinsbrocken. Etwas weiter unten gibt es einen abrupten Übergang zu festem Grundgestein. Dieser Übergang ist gut zu erkennen an einem hellen Gesteinsband, das sich über den ganzen Kraterrand erstreckt.


Rover Opportunity hat bisher viele Stereo-Bilder von den geschichteten Felsen und Klippen am Kraterrand von Victoria geschossen. Diese genaue Erfassung des Kraters dauerte mehr als 250 Tage. Dabei wurde die Methode der gestreckten Stereobasis eingesetzt.

Gestreckte Stereobasis bedeutet, dass der Rover erst das rechte Bild aufnimmt und dann ein paar Meter nach links fährt, um von der gleichen Landschaft das linke Bild zu schießen. Auf Grund eines rechts-links Bildabstandes von einigen Metern können auch Details, die mehrere zehn Meter entfernt sind, gut in Stereo dargestellt werden.

Aus den Stereobildern wurde ein dreidimensionales Modell des Kraters erstellt, in dem das Gefälle in den Buchten, d. h. möglichen Einfahrtsstellen, genau kartiert ist. Somit können die Rover-Fahrer eine präzise Streckenführung planen.

Das Team hat die Abstiegsstelle in den Krater sorgfältig ausgewählt, um auch ein Verlassen am Ende des Ausflugs zu ermöglichen. Jedoch könnte Opportunity ein Gefangener des Kraters werden, sei es durch Treibsand oder technische Schwierigkeiten. Wir sollten nicht übersehen, dass der Rover schon eine zwölfmal längere Zeitspanne als seine ursprünglich geplanten neunzig Tage überstanden hat.

Die wissenschaftliche Attraktivität dieses Wagnisses liegt in der  einmaligen Chance, die Zusammensetzung und Textur von Material innerhalb des Kraters zu bestimmen. Ein Krater ist quasi wie ein großes „Baggerloch“, in dem Material freigelegt wurde, das sonst nicht zugänglich ist. Dabei könnten weitere Hinweise auf eine frühere wasserreiche Umwelt gefunden werden. Je tiefer der Rover in den Krater fährt, desto älter sind die zugänglichen Gesteinsschichten, die untersucht werden können.

„Während wir die Unsicherheit, ob Opportunity wieder aus dem Krater heraussteigen kann, sehr ernst nehmen, hat mich der mögliche Erkenntnisgewinn bewogen, das Team zu autorisieren, in den Victoria-Krater hineinzufahren“, sagte Alain Stern, Leiter der Wissenschaftsmissionen vom Nasa-Hauptquartier in Washington. „Es ist ein kalkulierbares Risiko, wert eingegangen zu werden, insbesondere da die Mission schon weit über ihren ursprünglichen Zielen hinaus ist.“

Der Victoria-Krater ist durch verschiedene Erosionsformen gekennzeichnet. Er hat einen muschelförmigen Rand, der abwechselnd aus Steilklippen (oder Kaps) und mehr sanft abfallenden Buchten (oder Alkoven) besteht. Der ‚robotische Geologe’ wird den Abstieg in den Krater in einer Bucht namens ‚Duck Bay’ vornehmen (Abbildung 2).

 

© NASA/JPL/University of Arizona

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Abbildung 2: Krater Victoria auf dem Mars. Das farbverstärkte Bild wurde von der hochauflösenden Kamera des Nasa Mars Reconnaissance Orbiters aufgenommen.
Linkes Bild: Die gelbe Linie zeigt die Fahrtstrecke am Kraterrand, die der Nasa Mars Exploration Rover Opportunity gefahren ist, um das Gelände zu erkunden. Der Rover erreichte den Kraterrand zum ersten Mal an seinem 951ten Marstag, auch Sol genannt (26. September 2006). Diese Karte gibt den Stand von Sol 1215 (24. Juni 2007) wieder.
Rechtes Bild: Hier ist die Stelle zu sehen, wo der Rover Opportunity in den Victoria-Krater hineinfahren soll. Die ausgewählte Bucht namens ‚Duck Bay’ hat ein Gefälle von 15 bis 20 Prozent. Der Fahrtweg besteht aus Gestein ohne dicke Staubbedeckung, was diese Strecke zu einer der sichersten macht. Die Rover-Fahrer planen, den Rover um ein welliges Gebiet am Kraterrand (Ripple) herumzusteuern und den Einstieg über ein relativ glattes Gestein mit dem geringsten Gefälle zu wagen.


Vor Millionen von Jahren ist ein Asteroid auf dem Mars an der Stelle eingeschlagen, die jetzt als Krater Victoria zu bewundern ist. Dieses ‚kosmische Baggerloch’ hat einen Durchmesser von etwa 800 Metern und ist damit fünfmal größer als der Endurance-Krater, in dem Opportunity im Jahr 2004 mehr als sechs Monate mit Messungen verbracht hat.

Victoria liegt etwa sechs Kilometer südlich von der Stelle, an der Opportunity im Januar 2004 gelandet ist. Eine Traverse von mehreren Kilometern erschien anfangs undenkbar, da die Lebensdauer der Rover auf maximal sechs Monate geschätzt wurde. Doch als der Rover keine Anzeichen von Alterung zeigte, wurde die große Fahrt nach Süden beschlossen. Vor dreißig Monaten verließ Opportunity den Endurance-Krater und begann seine lange Reise nach Süden. Vor neun Monaten erreichte Opportunity den Victoria-Krater an der Stelle, die ‚Duck Bay’ benannt wurde. Danach fuhr Opportunity im Uhrzeigersinn um den Kraterrand, etwa ein Viertel seines Umfangs, herum. Unterwegs fotografierte er die Gesteinsschichten in den Steilklippen und suchte nach möglichen Einstiegsstellen in den flacheren Buchten. Jetzt ist der Rover zu der besten Einstiegsstelle zurückgekehrt.

Die Rover-Ingenieure erwarten, dass, wenn alle sechs Räder des Rovers weiterhin gut funktionieren (jedes Rad wird von einem Elektromotor angetrieben), Opportunity fähig sei, wieder aus dem Krater herauszufahren. Dies ist insbesondere deshalb ungewiss, weil sein Zwillings-Rover Spirit vor mehr als einem Jahr die Beweglichkeit eines Rades verloren hat. Sein Rad dreht sich nicht mehr und schleift daher beim Fahren, was die Fähigkeit zu klettern sehr eingeschränkt hat.

„Diese Rover sind weit älter als ihre ausgelegte Lebensdauer, und ein weiteres Rad könnte jederzeit bei beiden Rovern ausfallen“, sagte John Callas, Rover-Projektmanager am Nasa Jet Propulsion Laboratory in Pasadena, Kalifornien. „Wenn Opportunity den Gebrauch eines seiner Räder im Innern des Kraters verlieren würde, wäre es sehr schwierig, wenn nicht unmöglich, wieder herauszuklettern.“

„Wir wollen nicht, dass dies eine Reise ohne Rückkehr wird“, sagte Steve Squyres, der Leiter der Rover-Instrumente von der Cornell-Universität in Ithaca, New York State. „Wir haben noch weitere interessante, wissenschaftliche Ziele draußen in der Ebene, die wir gerne nach Victoria besuchen möchten. Aber wenn Opportunity im Krater verschollen gehen sollte, wäre es das Opfer wert, denn wir werden neues Wissen erlangt haben.“

 

© NASA/JPL/Cornell

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Abbildung 3: Das Bild zeigt die Bucht ‚Duck Bay’ am Kraterrand von Victoria in falschen Farben. Der Mars Exploration Rover Opportunity wird den Abhang von ‚Duck Bay’ hinunterfahren und die Steine innerhalb des Kraters untersuchen. Eines der ersten Ziele wird das helle Band im anstehenden Gestein der Kraterwand sein, das sich in der oberen Hälfte der Wand rings um den Krater hinzieht. Dieses Band scheint anders zu sein als alles, was Opportunity seit seiner Landung angetroffen hat. Einige Wissenschaftler sind der Meinung, dass das helle Band die alte damalige Oberfläche sein könne, in die der Einschlag mit Kraterbildung erfolgte. Die Untersuchungen von Opportunity werden klären können, ob die helle Farbe des Bandes durch Wechselwirkung mit der damaligen Mars-Atmosphäre oder andere Ursachen entstanden ist.

Text basiert auf einer NASA-Pressemeldung vom 28. Juni 2007.